Heimatlos - gerade an Weihnachten - wie fühlt sich das wohl an?
von Enna Bluews
Wenn ich an das Wort "heimatlos" denke, sehe ich direkt die Bilder einer dunklen, kalten Gasse vor meinen Augen. Einerseits kann ich es mir gar nicht vorstellen, kein zu Hause zu haben, andererseits sehe ich diese Bilder vor meinen Augen und spüre die Kälte. Aber vergleichen kann man das nicht. Ich denke man muss das einfach erlebt haben, um wirklich zu wissen, wie es sich anfühlt. Und dennoch denke ich weiter über das Thema nach.
Gerade in den kalten Zeiten muss das doch hart sein. Es ist länger dunkel und fast immer kalt und wenn man daran denkt, wie andere Leute in ihren dicken Jacken, mit ihren Schals und Handschuhen durch die Welt laufen und man selbst nicht einmal ein richtiges zu Hause hat. Wenn man daran denkt, wie die anderen zu Hause mit der Familie unter einer Decke sitzen und sich auf die Weihnachtszeit freuen.
Eine andere Perspektive
Ich kenne nur den Blickwinkel von drinnen nach draußen. Ich weiß nur, wie es ist, wenn man zu Hause im Warmen sitzt und nach draußen in die Kälte schaut und sich denkt:
"Zum Glück bin ich jetzt nicht dort draußen."
Aber was ist, wenn man eine andere Perspektive hat? Von draußen nach innen schaut und sich von Herzen wünscht, man wäre jetzt dort? Hätte ein anderes Leben, ein schöneres? Ein warmes Leben mit einer Familie und einem schönen und sicheren Zuhause. Ich meine, es gibt verschiedene Gründe, warum man auf einmal kein zu Hause mehr hat und das kann in jedem Alter passieren. Vielleicht ist man noch ein Kind und man verbringt sein ganzes Leben "heimatlos", vielleicht weiß man gar nicht, wie es anders ist. Oder man hatte ein Leben und dann ist etwas passiert. Etwas, was einem alles genommen hat. Vielleicht stirbt gerade jemand ohne Zuhause, in der Kälte, in einer dunklen Gasse, im Dezember, während du gerade in deinem warmen Zuhause sitzt und Musik hörst.
Ich finde das nicht fair. Es ist nicht fair. Aber so ist es.
Und dagegen kann ich nichts tun, oder?
Ich finde es traurig, dass viele Menschen so denken, denn man kann eigentlich immer etwas tun. Das ist meine feste Überzeugung. Aber ich kenne das: Man läuft durch die Stadt und sieht am Wegrand einen Menschen um Geld betteln. Und dann, dann geht man einfach so schnell wie möglich an der Person vorbei, ohne sie überhaupt wirklich anzuschauen. Nur selten - so scheint es, dass Menschen sie überhaupt wahrnehmen. Ich selbst kann auch nicht von mir sagen, dass ich immer anders handeln würde. Denn natürlich ist das nicht schön, natürlich will man bei einem Shoppingtrip mit den Freunden nicht an Obdach- oder Heimatlosigkeit denken, aber vielleicht sollten wir das?
Es ist ein so wichtiges Thema und trotzdem sprechen wir im Alltag sehr selten darüber. Als ob die Menschen ihre Augen davor verschließen würden. Aber das tun wir schon oft genug! Wir sollten unsere Augen aufmachen, aufwachen aus diesem schönen, aber verräterischen Traum. Sehen, dass die Welt nicht fair oder perfekt ist, dass wir nur mit helfen können sie besser zu machen. Wo wir anfangen und wann, dass muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber ich finde es überhaupt zu versuchen ist der erste Schritt.